Freitag, 16. Dezember 2011

Kompetenzraster. Von Liebe und schierem Grauen.

Die Meinungen über die Rolle der Kompetenzraster gehen in der Pädagogik und in der Erziehungswissenschaft auseinander.

Auf der einen Seite der Skala 
stehen Pädagogen wie Andreas Müller, von dem man mit Fug und Recht sagen kann, er sei "verliebt in Kompetenzraster". Auf einer Webseite des Netzwerks "Archiv der Zukunft" wird er vorgestellt:
"[...] Die Erkenntnisse seiner intensiven praktischen und theoretischen Auseinandersetzung mit den relevanten Fragen des Lernens in einer sich rasant verändernden Gesellschaft finden sich in mehreren Fachbüchern und einer grossen Anzahl von weiteren Publikationen. [...]"
 
Was ein Schüler können muss, was eine Lehrerin können muss, was ein Lerncoach können muss, alles wird fein säuberlich zerlegt in Kompetenzen, ( - bei deren Lektüre man allerdings schwer zu kämpfen hat, will man nicht nach der zehnten Zeile einschläfern). Andreas Müller ist Schulleiter des Instituts Beatenberg in der Schweiz, einer kleinen Privatschule mit insgesamt (!) um die 50 SchülerInnen. Er publiziert viel, wird viel gelesen und schreibt spannend, (wenn man nicht gerade Kompetenzraster lesen muss ;-).

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 Ganz auf der anderen Seite der Skala, 
was die Liebe zu den Kompetenzrastern betrifft, stehen z.B. Prof. Andreas Gruscka und weitere Professoren der Gesellschaft für Bildung und Wissen GBW. Sie veranstalteten zum Beispiel im Sommer 2010 in der Uni Köln einen Kongress unter dem Thema Der Bluff der Kompetenz-Orientierung

"Die Gesellschaft für Bildung und Wissen setzt die Frankfurter Einsprüche gegen die technokratische Umsteuerung des Bildungssystems fort und opponiert im Namen von Selbstbestimmung und Demokratie, gegen die Subsumption unserer Erziehungseinrichtungen unter ökonomische Interessen: Bildung ist ein Menschenrecht, keine Ware."
Vieles von dem, was zum Beispiel in den Lernhäusern in der Schweiz und in Schulen in Deutschland heute als Gold-Standard glänzt, möchten diese Bildungforscher um Prof. Andreas Gruschka eigentlich „aus der Welt schaffen“, weil einen „das schiere Grauen“ (Gruschka) überkommt vor der neuen Begrifflichkeit. Und es ist wohl so, dass zu den Begriffen, bei denen diese Wissenschaftler das Grauen überkommt, auch die Begriffe Kompetenzraster, Lernbüro, Lern-Atelierindividuelles Lernen, can do (Ich-Kann- Formulierungen in Kompetenzrastern) gehören. 

Sie vermissen, dass andere Begriffe wie Bildung, Erziehung, Kritikfähigkeit in der Bildungsreform nach PISA 2001 nicht mehr vorkommen bzw. unerwünscht sind, dass es letztlich darum gehe, Kinder an vorgegebene Standards kritiklos anzupassen, Geld zu sparen (dem Staat) und viel Geld zu verdienen (den privaten Bildungs-Unternehmen und -Konzernen), die schon in den Startlöchern sitzen und dort mit den Hufen scharren (dazu das Buch von Krautz).

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