Freitag, 22. März 2013

Von Portfolios, Casting-Shows und neoliberalen Credos


... oder:
"Du musst es wollen, Baby"
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Neulich las ich einen wunderbaren Kommentar von Jens Berger. Da ging es zwar nicht um Bildung und Portfolios, aber auch um Ökonomie.

In einer Kolumne in der tageszeitung zur Finanzkrise und zur Zypern-Rettung hatte er u.a. geschrieben:

"[...] Russische Spareinlagen auf zyprischen Banken stammen – so lesen wir – grundsätzlich von Oligarchen. Und Geld von Oligarchen ist – so lesen wir – grundsätzlich illegal, stammt aus Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Daher ist es – so ahnen wir – auch nur rechtens, wenn man den Besitz russischer Staatsangehöriger im EU-Land Zypern beschlagnahmt. [...]

Was ist eigentlich ein Oligarch?

  • Das Oxford Dictionary definiert den Begriff so: ein sehr reicher Geschäftsmann mit hohem politischem Einfluss.
  • Nach dieser Definition wären auch die Damen Springer, Mohn und Klatten Oligarchinnen. [...]"

Da fiel mir der Kabarettist Georg Schramm wieder ein, der in seinem Programm Meister Yodas Ende ebenfalls von Frau Springer und Frau Mohn spricht


Ist die Bundesregierung das Böse? - Ist natürlich Blödsinn.
Ist sie nicht. Denn: Das Böse müssen wir uns als etwas Großes vorstellen. - Dann kann`s die Bundesregierung schon mal nicht sein. Da würden wir dem Bösen nicht gerecht. Das ist...: Mitesser des Bösen könnte man vielleicht sagen. - Halte dich nicht zu lange mit dem gesindel auf, also jetzt bleiben wir mal beim Bösen. Was glauben Sie, warum uns allen Weltreligionen und Kulturen seit Jahrhunderten, seit Jahrtausenden die Gier und die Habgier geächtet und gejagt werden? - Und heute, was haben wir heute? Heute sitzen sie am Tisch der Regierenden. Wie lange ist es jetzt her, dass Merkel gesagt hat: "Wir dürfen die Märkte jetzt nicht beunruhigen"? Und dann könnenSie sich hinterher die Frage stellen: Wer regiert hier eigentlich?" Dann haben Sie die Antwort: Die regiert gar nicht. Die Habgier regiert. Und Merkel darf mit am Tisch sitzen. - Ich würde gerne, dass die Geldverleiher wieder zu dem Ansehen kommen, das sie im Mittelalter hatten, als sie noch den Dienstboteneingang benutzen mussten, um das Haus der Herrschenden zu betreten. Am Tisch durften sie nämlich erst sitzen, seit sie im Mittelalter den Herrschenden die Wahlkämpfe bezahlt haben und dafür das Monopol auf die Silbertalerherstellung bekommen haben.
Merkel ist keineswegs die mächtigste Frau der Welt,sie ist noch nicht einmal die mächtigste Frau im eigenen Land.


Die mächtigsten Frauen im eigenen Land sind Frauen wie Liz Mohn und Friede Springer. Die Herrscherinnen über Bild und Bertelsmann... Und eine Handbewegung von Friede Springer würde reichen damit die Lohnschreiber von Bild die "Herrscherin" Merkel vom Thron werfen wenn sie nicht mehr opportun gegenüber der Macht ist. Das ist die Realität in diesem Land!

(Heißt es nicht: "Narren und Kinder sagen die Wahrheit?")

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Womit wir wieder beim Thema Oligarchie, Herrschaft, Gier, Ökonomie, Macht und Bildung wären. 

 
Zum Beispiel:
Die erste deutsche Fakultät für Lehrerbildung und Bildungsforschung, TUM School of Education, nahm im Oktober 2009 an der Technischen Universität München (TUM) ihren Betrieb mit einer Rekordsumme von rund 16 Millionen Euro an Stiftungsmitteln auf. Mit dieser Summe werden neuartige Lehrkonzepte und innovative Projekte in der Lehrerbildung umgesetzt. Zu den Stiftern zählen die Unternehmerin Susanne Klatten mit rund 10 Millionen Euro, die Heinz Nixdorf Stiftung und die Schöller Familien-Stiftung mit jeweils rund 1,7 Millionen Euro.


Das ist gut für den bayerischen Staat, wenn der seine Lehrer-Ausbildung günstig bekommt;
denn er hat im Jahre 2008 schon viel Geld ausgeben müssen, genauer gesagt 7 Milliarden Euro, um seine landeseigene Zocker-Landes-Bank (Bayern LB) zu retten - die zu all dem auch noch mit Nahrungsmitteln spekuliert und sich an der Finanzierung von Streubomben beteiligt.

Aber ist es auch gut für die LehrerInnen-Bildung in Bayern?
Das lassen wir hier mal offen, man kann es anderswo nachlesen.    

  • Susanne Hanna Ursula Klatten ist die Tochter des Industriellen Herbert Quandt und seiner Witwe Johanna Quandt. Mit einem geschätzten Vermögen von 14,3 Milliarden US-Dollar gilt Susanne Klatten als reichste Frau Deutschlands. Die Forbes-Liste The World’s Billionaires führt sie 2013 auf Platz 58 der Weltliste der Milliardäre und an vierter Stelle der reichsten Deutschen. [wikipedia]
  • Friede Springer gehören 90% der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co.und 5% der Springer AG.
  • Liz (Eilsabeth) Mohn ist Vorstandmitglied der Bertelsmann-Stiftung und Aufsichtsratmitglied von Bertelsmann SE. Im Vorstand der Bertelsmann Stiftung verantwortet sie offiziell den Bereich Kultur. Der Tagesspiegel (Macht ohne Mandat, abgerufen am 23. Juni 2009) kritisiert, dass Liz Mohn tatsächlich sowohl in der Bertelsmann Stiftung, als auch in der Bertelsmann AG „das Sagen habe“ und ihre daraus entstehende Macht nutze, um die Politik nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen. [wikipedia] 
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Im März 2013 fand in Berlin ein Kongress zum Thema Bildung und Macht statt, veranstaltet von der Neuen Gesellschaft für Psychologie. 




Aus dem Einladungstext des Kongresses:

"Wir sind Zeugen und Mitwirkende einer Transformation von Bildung und Erziehung, die historisch wohl ohne Beispiel ist und die Spanne vom Säugling bis zur lebenslangen Qualitätssicherung und Zertifizierung „erfasst“ und „nutzt“.
An den Hochschulen folgt die Bildungspolitik
  • dem Plan von Bertelsmann,
  • der Spaltung in „Exzellenz“ und „Masse“,
  • der Verwandlung des Interesses am Studienfach in die Jagd nach Credit Points,
  • in Einübung von Konkurrenz und dem Kompetenzerwerb in dieser Sozialform....

Das Wesen der Konkurrenz ist die Aufteilung in Gewinner und Verlierer, das basso ostinato der Wettbewerbsgesellschaft. Sie fängt früh an...

Die bedrängte Mittelschicht muss sowohl um die eigene als auch die Karriere ihrer Sprösslinge fürchten und macht deswegen tüchtig mit bei der Konkurrenz. In der trügerischen Hoffnung, den eigenen Sprösslingen bessere Startvorteile zu verschaffen machen die Eltern sich zu Botschaftern der Bildungsoffensive in der eigenen Familie.... 

Das Schulsystem zerfällt in Gymnasien und den Rest, das Gymnasium in G8 und andere, die noch ein Jahr extra brauchen."

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Christoph Bialluch hielt dort einen Vortrag mit dem Titel:

Von der Knute zur Karotte vor den Augen des Esels... und ihrer gesellschaftlichen Einbettung.
Bialluch, Dr. phil. Dipl. Psych., unterrichtet an verschiedenen Universitäten, Hoch-, Fach- und Berufsschulen Psychologie.
In seinem Vortrag konstatierte der Berliner Psychologe Christoph Bialluch einen Wandel von repressiven zu „produktiven“ Techniken der Macht. So setzten sich Methoden, bei denen sich die Betroffenen verpflichteten, bestimmte Ziele zu verfolgen und sich dabei selbst zu kontrollieren, immer mehr durch.

Wie dieses Konzept in der Schule umgesetzt wird, machte der Kinder- und Jugendlichentherapeut Uwe Findeisen (Erziehungswissenschaftler,
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in eigener Praxis und Dozent) deutlich in seinem Beitrag:


Die „Rationalität“ des schulischen Lernens – von den Methoden des reformierten Unterrichts bis zur Notengebung.
  • Unter dem Vorwand, dass sie den Schülern eine individuellere Art des Lernens ermöglichen, transportieren manche alternativen Lernmethoden neoliberale Techniken der Selbst-Formierung in den Unterricht.  

Exemplarisch lasse sich das an der Arbeit mit Portfolio-Mappen zeigen, die als neue Art der Leistungsbewertung dienen. Dabei stellen SchülerInnen eine Auswahl ihrer Arbeiten zusammen und wirken gleichzeitig bei der Festlegung der Beurteilungskriterien und der Einschätzung der eigenen Leistung mit. Damit soll eine stärkere Mitbestimmung der Lernenden ermöglicht werden. 


Ähnliche Prozesse scheinbarer Selbstevaluation fänden sich auch in einer Sphäre, die man gemeinhin nicht mit Bildung assoziiert: In Castingshows; auch dort werden die Kandidatinnen und Kandidaten permanent aufgefordert, die eigene Leistung zu bewerten.

  • Die Schlagwörter des individuellen Lernens, des integrativen Unterrichts, der Inklusion usw. beherrschen die Diskussion der Modellversuche und Reformen des Schulsystems.

Die individuellen Lernformen werden alternativ zum Frontalunterricht
und dem gleichzeitigen Lernen gestellt: statt Notenzeugnissen Berichtszeugnisse, statt Noten Smileys und Farben, statt des Lehrervortrags selbstständige Erarbeitung, statt fester Lernschritte Wochenpläne usw. - Dass in diesen Methoden ebenso Lernen zum Ziel der Selektion und Sortierung stattfindet zeigte Findeisen in seinem Vortrag.


Siehe zum Kongress auch: Artikel in der taz vom 22.3.13 

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