Dienstag, 2. April 2013

Tod auf der Warteliste für das Gymnasium



Für die Bildung ihrer Kinder gehen Eltern über Leichen:

Vier Kinder, die auf der Warteliste für ein Gymnasium standen, wurden eins nach dem andereb umgebracht. Man könnte denken, das geschah aus abgrundtiefer Bosheit. - 
Aber da war kein perverser Irrer am Werk. Diese Kinder wurden umgebracht, weil sie im Weg waren, die Morde hatten eine sozial-darwinistische Komponente: 
Zur Besserung der Allgemeinheit müssen eben die unpassenden Leute verschwinden; in diesem Fall die Grundschüler, die nicht auf das Rosenhof-Gymnasium passten. ...

Natürlich nur im Krimi:



Im ZEIT-Interview (s.u.) sprach der Autor über Aufstieg & Bildung:
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Das Paradoxe im Buch sei, dass alle - auch die Eltern, auch der Mörder alles richtig machen wollen. Alle sind getrieben von einem Grundgedanken: 
Für die Kinder, für mein Kind, für die Schule nur das Beste. 
Jeder versucht, sein Kind über die Runden zu bekommen und damit fertig zu werden, dass aus Klassenkameraden Konkurrenten werden können: Wenn ich dich abschreiben lasse, untergrabe ich meine eigenen Karrierechancen. 

In Alefs Krimi gibt es eine Spezialeinheit der Polizei namens S.W.A.T.: »Sechstklässler wechseln die Adresse zur Täuschung der Behörden«. Alef beschreibt, wie sich ein richtiger Schwarzmarkt für Undercover-Wohnungen entwickelt hat: Dort werden die Kinder gemeldet, um in einem bestimmten Schulbezirk zu landen.

Beim Wechsel aufs Gymnasium in der Realität spielen dann andere Kriterien eine Rolle. Der Ausländeranteil, zum Beispiel, sei ein wichtiger Sekundär-Indikator für das Niveau einer Schule. Im Berliner Wettbewerb um Schüler orientierten sich Schulen auch an Marktmoden. Beispielsweise brüstet sich ein Gymnasium damit, vor dem Abitur ein Assessment-Center anzubieten – eine normale Berufsberatung reicht nicht.

Die Erfahrung, die er, Alef, zum Glück gemacht habe, sei: 

Es komme in der Schule weder auf den Ausländeranteil noch auf das musische Angebot, sondern auf die Lehrer an.

Sein elfjähriger Sohn wird nicht auf das Gymnasium gehen, auf dem die Älteste ist. Er will auf eine Gesamtschule. Wie die Jüngste sich entscheidet, werde man sehen. Das hieße dann: drei Kinder, drei Milieus, mit ihren verschiedenen Elternabenden und Schulfreizeiten, Arbeits- und Terminplänen.


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"Die Überforderung beginnt, wenn das Erfahrungswissen der Eltern nicht mehr reicht, um den Kindern unterstützend zu helfen. Nicht jeder beherrscht Powerpoint-Präsentationen, wie sie inzwischen schon in der Grundschule verlangt werden."

Die Schule hat das Potenzial, ein wunderbarer Ort zu sein oder ein ganz unwirtlicher Ort. Das gilt für Lehrer und Schüler. Ganz tückisch ist es, in diesen Ort Wettbewerb hineinzubringen. Vor dreißig Jahren sahen wir es als selbstverständlich an, auch in einer bayerischen Schule, dass wir unsere Mitschüler abschreiben ließen. Heute heißt es eher: Wenn ich dich abschreiben lasse, unterminiere ich meine Karrierechancen.


"Kinder werden nur als Träger von Potenzial beurteilt, auf Verwertbarkeit hin beobachtet, als Ressource im weitesten Sinne, als etwas, das optimierungsfähig ist.
Das hat mit der traditionellen Bildungserzählung zu tun: Aufstieg durch Bildung. Je mehr Kinder Zugang zu Bildung bekommen, desto kleiner wird der Kuchen, der zu verteilen ist. Deshalb wird der Wissenserwerb in der Lebenszeit immer weiter nach vorne verlagert. Man muss nicht mehr wissen, sondern man muss es früher wissen. Doch irgendwann wird das ein totes Rennen."


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Siehe auch:


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