Donnerstag, 13. Juni 2013

"1951 ging ich in die Grundschule", schreibt Bob...

Meine Onkel waren alle in den Krieg gezogen 
und heil zurückgekehrt. Sie hatten Souvenirs mitgebracht - ein japanisches Zigarettenetui aus Stroh, einen deutschen Brotbeutel, eine bri­tische Emailletasse, eine deutsche Staubbrille, ein britisches Kampfmesser, eine deutsche Luger - einen Haufen Ramsch. -

Sie kehrten ins Zivilleben zurück, als wäre nichts gewesen, und lie­ßen nie ein Wort darüber fallen, was sie getan oder gesehen hatten.

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1951 ging ich [in den USA] in die Grundschule.
Wir lernten unter an­derem, wie man unter dem Schultisch in Deckung ging, wenn die Sirene zum Luftalarm aufheulte, weil die Russen uns mit Bomben angreifen könnten. Man erzählte uns auch, die Rus­sen könnten jederzeit über unserer Stadt Fallschirmjäger abset­zen. Die gleichen Russen, an deren Seite meine Onkel nur we­nige Jahre zuvor gekämpft hatten, waren jetzt zu Monstern geworden, die kommen würden, um uns die Kehle durchzu­schneiden und uns zu verbrennen. Das war doch seltsam. –

Trotzdem gab es viele Leute, die diese Bedrohung ernst nahmen, und das färbte ab. Man konnte solchen abwegigen Phantasien leicht zum Opfer fallen. 


Ich hatte dieselben Lehrer wie meine Mutter. 
Zu deren Schulzeit waren sie jünger gewesen, zu meiner inzwi­schen in die Jahre gekommen. In Amerikanischer Geschichte lernten wir, daß die Kommunisten die Vereinigten Staaten nicht einfach mit Waffen oder Bomben zerstören konnten, sondern daß sie auch die Verfassung vernichten müßten, die Gründungs­urkunde unseres Landes. Darauf kam es aber gar nicht an. 

Wenn der Probealarm ertönte, mußte man sich mit dem Gesicht nach unten unter den Tisch legen, sich totstellen, und man durfte kei­nen Laut von sich geben. Als ob das irgendeinen Schutz vor ab­geworfenen Bomben geboten hätte. Die Drohung, daß wir ver­nichtet werden sollten, machte uns angst. Wir wußten nicht, womit wir diese Leute so gegen uns aufgebracht hatten. Die Ro­ten seien überall, hörten wir, und sie lechzten nach Blut. Wo wa­ren meine Onkel, die Landesverteidiger? Sie hatten genug mit ihrer Arbeit zu tun, kratzten Geld zusammen und streckten sich nach der Decke. 
 


Woher sollten sie wissen, was in den Schulen vor sich ging
und welche Ängste dort geschürt wurden?

Das war jetzt alles vorbei."

Bob Dylan, Chronicles 
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 Und heute?

 

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