Samstag, 21. September 2013

Berti Vogts, die Plurimi und das EINE Ziel: Abitur

Wer kein Latinum hat, kann in der lateinischen Internet-Grammatik nachschlagen:

multi plures plurimi viele, mehrere, die meisten

 Plurimi, das ist der Superlativ von "viele", also "die Meisten".
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Im Bayerischen Fernsehen bzw. in BR alpha  gab es eine kleine Serie mit dem Titel: "Viele Wege - Ein Ziel".  Das EINE Ziel ist in diesem Fall die allgemeine oder die Fachhochschul-Reife, also: DAS ABITUR. -

 

Jeder Teil ist etwa 15 Minuten lang. Die Serie ist gut gemacht, interessant und hilfreich. Die Botschaft ist, dass es in Bayern nicht nur EINEN Weg zur Hochschulreife gibt, das Gymnasium, sondern 30 Wege; das Telekolleg z.B. ist in Bayern (aber wohl nicht in BW) einer der 30 Wege zum Abitur.  Das ist erstaunlich, finde ich, dass es so viele Wege gibt, und die Serie kann viele junge Menschen ermutigen, die in der 5. Klasse auf einer Real- oder Hauptschule gelandet sind, die die Schule abgebrochen haben oder die eine Lehre machen und dann merken: Hier bin ich (noch) nicht an der richtigen Stelle in meinem Leben angelangt.  Fast alle Wege führen zum Abitur; können zum Abitur führen.

Die etwas verstecktere Botschaft ist vielleicht, dass es im Grunde nur EIN End-Ziel für jedermann geben kann: Das Abitur.
Und diese Botschaft würde zumindest die OECD erfreuen, denn sie möchte, dass "die meisten" Bürgerinnen ihrer 34 Mitgliedsländer das Abitur machen sollen. 70% möchte die OECD erreichen, Deutschland schafft gerade schlappe 55%.

Und damit sind wir bei Berti Vogts, der schon Anfang der 1990er Jahre bemerkte:
"Die Breite in der Spitze ist dichter geworden".    
Die OECD würde sagen:
"Die Breite in der Spitze muss noch dichter werden."
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  • Warum die Spitze noch breiter werden soll, wäre eine eigene Frage. 
  • Sicher ist: Nicht allen Menschen gefällt es, wenn die Spitze breiter wird. 
Warum nicht? Der eine oder die andere an der Spitze möchten eben lieber unter sich bleiben. Wo käme man denn dann hin, wenn ...

  • Manch Eine/r fürchet Niveau-Verlust: Es kann ja nicht sein, dass so viele Menschen genau so schlau sind wie ich und auch Abitur machen. (Manche Zungen sagen, diese Einstellung sei unter Sozialdemokraten besonders verbreitet: Nachdem man Selber auf der Bildungs-Leiter aus der Unterschicht oder unteren Mittelschicht aufgestiegen ist, stößt man man sie Leiter hinter sich um, damit es oben auf dem Dach nicht so voll wird.) -  "Einbildung ist auch eine Bildung" pflegte meine Oma immer mal wieder zu sagen.

Botho Strauß. (Quelle)
  • Es gibt sogar Menschen an der Spitze, die dort oben leiden, wie der Schritsteller und Dramatiker Botho Strauß zum Beispiel: Warum? Ganz einfach:
    Es gibt Leute, die wollen schlichtweg nicht anerkennen, dass die Spitze die Spitze ist und verehren statt dessen das Populäre, sie ernennen die Breite zur Spitze und betreiben einen "intellektuellen Götzendienst vor dem Populären" (statt Götzendienst vor der Spitze, was doch schöner wäre). - Da bleibt der wahren und eigentlichen Spitze, den Wenigen, nur übrig, sich abzusondern, sich in der Absonderung einzurichten, sich nicht "nach unten" anzupassen.

Prof. Nida-Rümelin (Quelle)
  • Der Philosophie-Professor Julian Nida-Rümelin nennt einen anderen Grund, er spricht vom Akademisierungs-Wahn, weil immer mehr junge Menschen auf das Gymnasium wollen, studieren wollen, sich Deutschland aber einen massiven Einbruch im Bereich der Ausbildungs-Berufe nicht leisten könne. "Mit 30% eines Jahrgangs wäre der Weg in die Deindustrialisierung Deutschlands nach britischem Muster voregezeichnet. Eine Kopie des US-Bildungssystems würde Deutschland nicht guttun." - Das heißt: Deutlich mehr als 30% eines Jahrgangs sollten eine Berufs-Ausbildung machen. Wenn in Deutschland 55% eines Jahrgangs Abitur oder Fach-Abitur machen, dann ist das genug, über 70% Akademiker führe zur De-Industrialisierung. -

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Auch in Baden-Württemberg 
führen viele Wege zum Abitur , das sieht dann graphisch so aus:


Ob es auch 30 sind und ob jemand die Wege addiert hat - weiß ich nicht. 

Siehe auch:
  • Bildungs-Panik hier - Aufstände dort. 
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