Montag, 31. August 2015

Gemeinschaftsschule und Schulversuche: Von renommierten Bildungsforschern, Wahlkampf, Kollateralschäden und Schulfrieden.

Quelle   (Der Bildungsforscher ist übrigens nicht mit auf dem Bild)

Quelle
Die Quellen:
  • Ok. Die Stuttgarter Nachrichten gelten nicht gerade als DAS Qualitätsblatt der Region.
         "Die verkaufte Auflage beträgt mit der Stuttgarter Zeitung zusammen 182.521 Exemplare, ein Minus von 14,6 Prozent seit 1998. Lobbycontrol kritisiert, dass die Zeitung sich - wie auch die Stuttgarter Zeitung - vehement zum umstrittenen Großprojekt Stuttgart 21 bekennt. Dies hänge damit zusammen, dass sie zur Südwestdeutsche Medien Holding gehöre, die wiederum finanziell vollkommen von der Landesbank Baden-Württemberg abhängig sei." [wikipedia]
  • Burchardts interviewende Chefreporter hat ursprünglich andere Leidenschaften als die Schulpädagogik:
    Seine Magister-Arbeit ging über "Sport als Spielball der Medien“ – eine Studie über den Stellenwert von Tennisübertragungen für das Fernsehen". - Diese Arbeit ließe sich nun vielleicht als Dissertation ausbauen, z.B.  zum Thema: "Bildungsjournalismus als Spielball im Wahlkampf und im Schulkrieg".
  • Der Interviewte, Matthias Burchardt, ist Akademischer Rat am Institut für Bildungsphilosophie an der Universität zu Köln, entschiedener Kritiker der Bildungsreformen im Namen von PISA und Bologna und stellvertretenden Geschäftsführer der Gesellschaft Bildung und Wissen. Burchardt wird auch von eher "linken" Wisseneschaftlern wie z.B. von Jens Wernicke auf den "Nachdenkseiten" als "renommiert" bezeichnet.


Screenshot
Matthias Burchardt
wurde im Tübinger Schulstreit schon mehrmals instrumentalisiert (siehe unten).
Er selber stammt aus einer Stadt in NRW, in der es schon sehr lange eine Gesamtschule gibt (seit 1969!), an der man jedoch kein Abitur machen kann: Es fehlt - auch ein heißes Sommerthema in Tübingen - eine gymnasiale Oberstufe.  Aber die Fachoberschul-Reife, die zum Besuch einer Fachoberschule (FOS) berechtigt, kann erworben werden,

Die FOS wiederum schließt nach der 12. Klasse mit der Fachhochschulreife und  - bei Einrichtung einer 13. Klasse - mit der fachgebundenen oder allgemeinen Hochschulreife (Abitur). - Die Fachoberschule ist in berufliche Fachrichtungen ausgerichtet und zählt deswegen zu den berufsbildenden Schulen, so wie auch in BW die Beruflichen Gymnasien.

Burchardt lehrt an der Uni Köln in NRW - einem Bundesland, in dem Schulfrieden herrscht: 
Schulfrieden meint in diesem Fall einen Zustand, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der lang andauernde bildungspolitische Streit über die angemessene Schulstruktur und angemessenen Unterricht in den Schulen beigelegt ist.
  • In Baden-Württemberg herrscht dieser Zustand nicht - und schon gar nicht in der Universitätsstadt Tübingen. 
Warum nicht?
Der Streit wurde z.B. in der FAZ (und im Anschluss daran auch in den Stuttgarter Nachrichten und in der Stuttgarter Zeitung, aber auch in der Universitätsstadt selber) von interessierten Personen immer wieder neu entfacht
Warum?
Es spielen parteipolitische Interessen eine Rolle (grün-rot soll bei den nächsten Landtagswahlen auf jeden Fall wieder weg - egal wie), aber auch persönliche Eifersüchteleien und persönlicher Ehrgeiz unter den Beteiligten vor Ort.
Dazu kommen die Eigen-Interessen einiger  Vertreter bestimmter Lehrerverbände. (Ich will ja keine Namen nennen, fängt aber häufig mit P an und hört mit d auf.  ... ;-)
Kollateralschäden:
Dabei kommen die Pädagogik und die Erziehungswissenschaft unter die Räder. Letzlich auch das Interesse von SchülerInnen und deren verunsicherter Eltern  - ebenso wie alte Freundschaften unter KollegInnen verschiedener Schularten.
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Schulfrieden wäre möglich
Nicht nur in NRW (seit 2011 - Hat dort auch etwas länger gedauert).

Geht doch. Siehe auch.
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Die ersten Versuche in Tübingen scheiterten.
Dabei war M. Burchardt immer vehement dabei.
Wobei nicht alles falsch ist, was er sagt und sehr vieles richtig und sehr bedenkens-wert.

Der 1. Versuch:
Herr Burchardt hielt im März 2013 im Hörsaal der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen den öffentlichen Vortrag: "Bildung in Deutschland - Aufbruch, Umbruch, Abbruch? - Ökonomisierung von Bildung".
Dass sollte ein Versuch sein, zwischen BefürworterInnen und GegnerInnen des Schulversuches (in der Stadt, in der Schulgemeinde und im Kollegium) zu vermitteln. Ein wissenschaftlicher Vortrag sollte Klarheit schaffen,  und auf dem Boden der wissenschaftlichen Tatsachen wollte man nach dem Vortrag sachlich fundiert weiter dikutieren.
Der Versuch ging gründlich schief:

  • Die Einladenden hatten den Referenten nicht darüber informiert, dass er sich sozusagen in der Höhle des Löwen befand und nicht bei einem Heimspiel:
  • Offenbar hatte ihm niemand gesagt, dass diese Schule ein Schul-Verbund war, der aus einem 4-zügigem Gymnasium und einem 4-zügigen Schulversuch bestand,
  • dass vor ihm nicht nur Kritiker der Gemeinschaftsschule saßen, sondern der Schulleiter des Schulversuches, zahlreiche aktive KollegInnen des Schulversuches und Eltern, die ganz bewusst ihr Kind - trotz gymnasialer Eignungsbescheinigung - nicht auf ein Gymnasium geschickt hatten, sondern in den Schulversuch ErKo, einen Vorläufer der Gemeinschaftsschulen. 
So hielt Herr Burchardt einen launigen, unterhaltsamen und durchaus kenntnisreichen Vortag, an dessen Ende zunächst einmal (peinlich berührtes?) Schweigen herrschte.


Es folgten ein paar Auswärts-Spiele, z.B.

Seit Beginn des Jahres tourt Burchardt durch die Republik,
um geplante Bildungsreformen und Veränderungen der Schulsysteme kritisch zu hinterfragen. Jetzt machte er – auf Einladung der fünf Reutlinger Gymnasien – Station in der Rommelsbacher Wittumhalle. Und viele Lehrer sowie Eltern(-vertreter) waren gekommen, um jenen Mann live zu erleben, dem es, wie BZN-Direktorin Brigitte Kern-Veits zur Begrüßung sagte, gelungen ist, »ganz oben wahrgenommen zu werden«. Nämlich von Kultusminister Andreas Stoch und auf Grundlage eines Zeitungsberichts, der dem Dozenten jüngst zu presseöffentlicher Popularität verhalf.

Reutlingen, Juli 2013
Und im Herbst des Jahres dann noch einmal ein Vortrag in Tübingen, dieses Mal eher vor einem Fan-Publikum. Warum auch nicht? Ist auch mal schön.

Tübingen September 2013
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Nachdem der renommierter Forscher Burchardt aktuell - mitten in den Sommerferien und im näher rückenden Wahlkampf - erneut Öl ins Feuer gegossen hat statt die Wogen zu glätten - Warum? - hoffen nun alle auf den Wissenschaftler Prof. Bohl von der Uni Tübingen. Er soll, es mit Empirie statt Ideologie retten.

 Peace !
Quelle
Vielleicht hilft auch der Dalai Lama?
(denn einige der Haupt-Streithähn_innen sind Religionslehrer_innen. 

Mittwoch, 19. August 2015

Von der Gemeinschaftsschule, der ErKo, der FAZ, Frau Dr. Schmoll und einem Schwäbischen Himmelfahrtskommando


Auf jeden Fall:
Eine wunderschöne Zeitungs- Überschrift.
Himmelfahrtskommando
ist ein dem militärischen Jargon entstammender Begriff, der einen besonders riskanten Auftrag bezeichnet, dessen Ausführung mit hoher Wahrscheinlichkeit (aber ungewollt) zum Tod des oder der Ausführenden führt.
Die analogen englischen Begriffe lauten suicide mission (= Selbstmord-Auftrag), glory-or-grave-job (Ruhm-oder-Grab-Auftrag) oder suicide squad (= Selbstmordkommando, wörtlich: „Selbstmordtrupp“).
Der Begriff fand Eingang in die zivile Umgangssprache, wo er allgemein für eine unangenehme und aussichtslose Aufgabe verwendet wird, die man – im Wissen um das fast sicher bevorstehende Scheitern –
dennoch erledigen muss.
[wikipedia]
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Auch sonst weiß man bei Frau Dr. Schmolls Artikeln zur Bildungspolitik immer schon bevor man sie gelesen hat - und eigentlich sogar schon, bevor Frau Schmoll ihren Artikel geschrieben hat - was hinten dabei rauskommen wird. Es ist so wie mit den Schafen in George Orwells Roman "Animal Farm". Nämlich:
„Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“
 das heißt bei in diesem Fall: 
"Dreigliedriges Schulsystem gut, zweigliedriges Schulsystem schlecht".

... nachblökend, was man ihnen nur lang genug vorbetet, symbolisieren sie, die Schafe,  das „ungebildete gemeine Volk“ und werden von der Propaganda der Führung für ihre Zwecke missbraucht. Jede Diskussion und Kritik der anderen Tiere wird durch ihr minutenlanges Blöken verhindert, indem sie immer wieder den Slogan „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“ wiederholen. [wikipedia]
Unter dieser Prämisse stehen alle Artikel zum Thema Schulsystem. Woran liegt das?

Produktbeschreibung/Klappentext von bücher.de:
"Der Begriff 'Elite' wird neuerdings wieder ganz unbefangen gebraucht, vor allem im Zusammenhang mit den neuen Elitehochschulen. Doch lassen sich Eliten schaffen? Und ist dies in einer Demokratie überhaupt wünschenswert? Heike Schmoll nimmt in ihrem fulminanten Lob der Elite die ewigen Elite-Kritiker [...] aufs Korn. Mit Blick auf die Geschichte von Eliten und ihre Bildung zeigt sie, warum wir nicht auf Eliten verzichten können[...]. 

Heike Schmoll zeigt, wie Eliteförderung und Persönlichkeitsbildung miteinander verbunden werden können, damit Deutschland die Eliten bekommt, die es braucht." 


> Weitere Bücher zum Thema Elite.


Elite-Förderung
braucht ein gegliedertes Schulsystem; ein 3-gliedriges System (HS/RS/Gym) scheint dann besser zu sein als ein zweigliedriges (z.B. Gymnasium plus Gemeinschaftsschule) oder gar ein-gliedriges System (Integrierte Gesamtschule). Denn gliedern und auslesen ist das Gegenteil von Integration und Gemeinschaft. Oder?
"Elite

(urspr. vom lateinischen exlegere, „auslesen“) bezeichnet soziologisch eine Gruppierung (tatsächlich oder mutmaßlich) überdurchschnittlich qualifizierter Personen (Funktionseliten, Leistungseliten) oder die herrschenden bzw. einflussreichen Kreise (Machteliten, ökonomische Eliten) einer Gesellschaft. Konkret bezieht sich der Begriff meist auf näher definierte Personenkreise, wie z. B. die Positionselite oder die Bildungselite. Der Elite gegenüber stehen die „Masse“[1] oder der „Durchschnitt“ („Normalbürger“). Als Elitarismus bezeichnet man die Ideologie, die vom Bewusstsein getragen wird, einer Elite anzugehören." [wikipedia]
So viel zur Hermeneutik und zum besseren Verstehen des Artikels von Frau Dr. Schmoll.
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Ein Schulversuch ist ein Schul-Versuch.
  • Der kann gelingen, teilweise gelingen oder auch misslingen.
  • Man kann auf das halb volle und/ oder das halb leere Glas schauen. 
Ein halb volles und ein halb leeres Glas
  • Man braucht Kriterien, um beurteilen zu können, ob ein Versuch gelungen ist.
    Kriterien können sein: Wird eine Elite gefördert? Erreichen mehr Kinder als anderswo einen höheren Schulabschluss? Sind die Kinder glücklicher, sozialer, durchsetzungsfähiger, eigenständiger als an anderen Schulen? Fördert die Schule Einfalt oder Vielfalt? Werden Kinder diskriminiert? - 
  • Von Alexander Sutherland Neill, Pädagoge und langjähriger Leiter der von ihm gegründeten Demokratischen Schule Summerhill in Leiston, stammt die Aussage: "Besser ein glücklicher Straßenkehrer als ein unglücklicher Professor". - Darüber ließe sich trefflich streiten.
  • Und so weiter und so fort. - Über die Kriterien eines Schul-Erfolges sollte man sich auf jeden Fall jeden Fall zunächst verständigen - oder auch streiten.
  • ....
  • In einer Demokratie entscheidet darüber die Mehrheit des Volkes, vertreten i.d.R. durch Parlamente. 
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Das Corpus Delicti: Ein "ominöses Gutachten" (Stuttgarter Nachrichten)



"Einige Personen kennen die Studie, doch nur zwei geben derzeit Auskunft darüber: Eine Redakteurin der „Frankfurter Allgemeinen“, die in ihrer Zeitung von einem „schwäbischen Himmelfahrtskommando“ Gemeinschaftsschule berichtete, und der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der das Werk vor zwei Monaten erhielt und daran eigentlich nichts Anstößiges entdecken konnte und kann."  Quelle: Stuttgarter Nachrichten

Dann muss man sich wohl 
zunächst leider mal auf das verlassen, was Frau Dr. Schmoll in der FAZund andere Journalistinnen berichten; denn der Zwischenbericht, der sich auf das Schuljahr 2013/2014 (?) bezieht, ist ja "nur intern zu verwenden", wie es heißt.

Frau Dr. Schmoll schreibt in der FAZ:
Nun wurde ein vernichtendes Gutachten über die Gemeinschaftsschule bekannt, das vom Kultusministerium bisher unter Verschluss gehalten wird, den Vermerk „nur intern verwenden“ trägt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegt.

Frau Allgöwer schreibt in der Stuttgarter Zeitung:
Durch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wurde ein 40 Seiten starker Zwischenbericht der Universität Tübingen bekannt, der der Schule zahlreiche Mängel attestiert.

Und Frau Wetzel in den Stuttgarter Nachrichten:
Ein Medienbericht über die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen und ein ominöses Gutachten - das Kultusministerium wehrt sich gegen Vorwürfe, ein „vernichtendes Gutachten über die Gemeinschaftsschule“ unter Verschluss zu halten. Das schulinterne Papier liege ihm gar nicht vor.

Es ergeben sich dadurch natürlich einige Fragen:
  • Wer hat den internen Bericht an Frau Schmoll weiter gegeben? 
  • Cui bono?
  • Frau Schmoll ist keine neutrale Wissenschafts-Journalistin, sondern der CDU, der katholischen Amtskirche, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der ehemaligen CDU-Kultusministerin Schavan (heute im Vatikan) eng verbunden. 
  • Rechtlich betrachtet:
    Hat die Weitergabe für die Person, die den Bericht geleakt hat, dienstrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen? Und wer müsste in diesem Fall Anklage erheben? Die Verfasser des Berichtes? Das Kultusministerium in Stuttgart? Das Regierungspräsidiium in Tübingen?
  • Politisch betrachtet:
    War es klug, diesen Bericht nebst Kommentar nicht gleich an die Öffentlichkeit zu geben? Haben insbesondere die Eltern der SchülerInnen nicht auch ein Anrecht darauf, zu erfahren, was in einem Schulversuch gut läuft und was nicht?
  • Inhaltlich betrachtet:
    • Derzeit kann wohl kaum jemand überprüfen, ob Frau Schmoll den Inhalt des Zwischen-Berichts korrekt wieder gegeben hat.
    • Der Bericht war ein Zwischen-Bericht.
      Natürlich ist der erste Adressat eines Zwischenberichtes die Schule, die den Schulversuch (damals im Auftrag der CDU/FDP-Regierung) durchführt. Die Schule möchte von den WissenschaftlerInnen, die von außen auf die Schule schauen, wissen:
      Was läuft gut? Was ist o.k.? Und was sollten/könnten wir verbessern? - 
    • Immer angesichts der Ziele, die sich die Schule gesetzt hat, die der Schule gesetzt wurden.
      Nicht im Angesicht der Ziele eines Journalisten oder einer Journalistin, die - welcher Partei auch immer - nahesteht. Diese Meinungen unterliegt der Pressefreiheit, bleibt aber die Privat-Meinung einer Person oder eines Blattes. 
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Was Frau Schmoll leider nicht recherchiert hat - wozu sie aber genug Zeit gehabt hätte:
  • Was sagen die KollegInnen, die im Schulversuch arbeiten?
  • Was sagen die Eltern der SchülerInnen? Immerhin hat der Schulversuch jedes Jahr seit 2009 mehr Anmeldungen als es Plätze (4 x 28) zu vergeben gibt.
  • Warum hat sie nicht berichtet, dass inwischen der erste Jahrgang der Schule mit der Mittleren Reife die Schule verlassen hat.
Das Schwäbische Tagblatt berichtete schon am Donnerstag 30 Juli 2015 über diesen Abschluss-Jahrgang der Klasse 10:

ErKo bedeutet: Erweiterte Kooperation der Realschule
mit Hauptschule und Gymnasium.
  • Schüler lernen individuell: Erster "ErKo"-Jahrgang hat seinen Abschluss /
  • Zwei Drittel machen weiter bis zum Abitur

·       Bei den Leistungen lagen die Absolventen mit einem Notendurchschnitt von 2,3 um 0,4 Punkte besser als der langjährige Wert der Realschule.
·       23 Prozent der Schüler erreichten einen Einser-Notenschnitt.
·       Die Hälfte der Absolventen bekam Preise und Belobigungen, sagt Friedrichsdorf.
·       Das begründet er damit, dass sich Lehrer als "Coaches" intensiv um die Lernentwicklung von je neun Kindern kümmern.


Da ist man doch gespannt, 
wie es kommt, dass dieser Schulversuch trotz all der Mängel, die im Zwischenbericht (nach Angaben von Frau Dr. Schmoll) genannt werden, doch so erfolgreich zu sein scheint?

Vielleicht liegt es ja gerade daran,
  • dass die Eltern so gut einbezogen werden,
  • dass die Lehrkräfte so überaus engagiert sind und waren,
  • dass SchülerInnen derselben Klasse (neudeutsch: Lerngruppe)  auf 3 Niveaus unterrichtet werden,
  • dass die SchülerInnen durch das System des LernCoachings (das von Frau Schmoll gar nicht erwähnt wird, aber eines der größten Erfolgsmodelle des Schulversuches ist) sehr gut betreut wurden.
  • Und dass es gut war, das erwähnte sog. Lerntagebuch, das der Schrecken vieler Lehrkäfte und SchülerInnen war, wieder azuschaffen.... (Zitat aus der FAZ: "Das Lerntagebuch, das die Schüler eigentlich über das Schuljahr hinweg führen sollen, um ihr eigenes Lernverhalten einzuschätzen, aber auch Rückmeldungen zu bekommen, dient in den meisten Fällen nur noch als Schülerkalender. Die Schüler finden es überflüssig." -
Man wird sehen.
Man wird sehen, wie die Eltern künftig mit den Füßen abstimmen werden
und was die WissenschaftlerInnen in ihrem - dann hoffentlich öffentlichen - Abschlussbericht zu sagen haben.


Siehe auch:

    Samstag, 1. August 2015

    "Einbildung ist auch eine Bildung" oder: Wenn der Philologenverband über Dinge redet, von denen er nichts versteht, zum Beispiel von Schulnoten...

    "Einbildung ist auch eine Bildung"
    pflegte meine Oma N. öfter zu sagen. Oma N. war sehr bildungbeflissen, in ihrem Haushalt auf dem Dorf gab es zwei Geigen, zwei Klaviere, viele Bücher, und ihr verdanke ich, dass ich auf`s Gymnasium kam.
    Ihre Schattenseite: Sie wollte unbedingt den Kaiser Wilhelm wieder haben und verkehrte am liebsten mit den "Granden" des Dorfes, das waren damals der Schulleiter der Dorf-Volksschule, Lehrer B., und der Herr Pfarrer, der gleich nebenan wohnte. - So viel zur Ein-Bildung und zur Oma.
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    Quelle: Stuttgarter Zeitung
    Alle Jahre wieder, zur Zeugniszeit,
    finden sich mehr oder wenige kluge Ratschläge für Eltern in Zeitungen und Zeitschriften. Das kann auch hilfreich sein. "Bernd Saur, Vorsitzender des Philologenverband Baden-Württemberg, spricht im Interview darüber, warum auch schlechte Noten wichtig sind." - Und verteilt auch präventiv gleich manchen Eltern eine schlechte Note bzw. ein schlechtes Zeugnis. - Denn das ist ja wichtig.


    Eltern sind gut beraten, wenn der Tag der Zeugnisse keine totale Überraschung wird. Wer sein Kind das ganze Schuljahr über begleitet, wer die Noten der Klassenarbeiten kennt, die Elternabende besucht und die Lehrersprechstunden nutzt, der wird auch am Schuljahresende nicht erstaunt sein, wenn er von dem Leistungsstand seines Kindes erfährt. - Das wäre kein gutes Zeugnis für die Eltern.
    Ja, es ist richtig: Eltern sind gut beraten, wenn der Tag der Zeugnisse keine totale Überraschung wird.

    Was tun bei schlechten Noten?
    Im Grunde gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Kind war zu faul, dann gilt das Motto von Mehmet Scholl:„Jetzt ist Ende mit Rumschlawinern!“ Oder aber das Kind kommt mit einem bestimmten Fach nicht klar. In diesem Fall lohnt es sich über zusätzliche Förderstunden nachzudenken und mit dem Lehrer nach Schuljahresbeginn einen Plan zu machen, wie dem Kind geholfen werden kann.
    Prima, dass die Pädagogik so einfach ist und es nur zwei Möglichkeiten gibt: Das Kind ist zu faul oder zu dumm. Ob es auch andere Gründe geben könnte?
    Wenn im neuen Bildungsplan in BW auch für das Gymnasium künftig  "LernCoaching" für die SchülerInnen vorgesehen ist, wird auch der letzte Lehrer Lempel merken, dass es mehr Gründe für schlechte Noten geben kann, als dass das Kind dumm ist oder rumschlawinert. Und entsprechend viel mehr Möglichkeiten, darauf zu reagieren.
    Siehe auch: Von Lerncoaching, Leadership und Facilitation.
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    Die Stuttgarter Zeitung sagt und fragt:
    In der Gemeinschaftsschule geben Lehrer keine Noten, sondern eine schriftliche Beurteilung über den individuellen Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler. Eltern können aber eine „Übersetzung“ der Leistungen ihrer Kinder in Noten verlangen. Wäre diese Bewerbungsmethode nicht passender als Zahlen? 

    Die Frage ist schon falsch. 
    Warum?

    1. "In DER Gemeinschaftsschule!". - Es gibt nicht DIE Gemeinschaftsschule, sondern sehr unterschiedliche Konzepte in den verschiedenen Gemeinschaftsschulen.
    2. So gibt es auch in Gemeinschaftsschulen Noten - früher oder später. 
    Richtig ist, 
    • dass in einigen Schulen versucht wurde, i.d. R. bei den jüngeren SchülerInnen, anfangs auf  Noten zu verzichten und z.B. statt dessen mit Farbsymbolen zu arbeiten. Das hat Vor- und auch Nachteile, und manche haben das wieder abgeschafft oder wollen es wieder abschaffen. 
    • Andere Schulen arbeiten mit Prozentskalen ("Du hast bei diesem Test, der auf einem mittleren Leistungsniveau basierte, 50% der Höchstpunktzahl erreicht."). Eltern und Kinder können in einer Tabelle nachschauen, was das dann für eine Note ist (in diesem Fall 3,7), - Dieses System hat Vor- und Nachteile, aber global arbeiten viele Länder nur mit Prozentskalen, z.B. China.
    • Wieder andere arbeiten - mal  mehr mal weniger - mit Kompetenzrastern und/oder verbalen Beurteilungen.  Auch diese Verfahren haben Vor- und Nachteile. Man kann sich z.B. fragen, welche Aussage für Eltern hilfreicher ist:
    1. Aussage A: Ihr Kind hat in Mathe eine 4,5.
    2. Oder Aussage B: Ihr Kind kann in Mathe schon auf einem mittleren Niveau  gut multiplizieren, aber beim Dividieren bewegt es sich noch auf einem Basis-Niveau und es sollte in nächster Zeit seine Aufmerksamkeit auf das Dividieren richten, wenn es einen mittleren Schulabschluss erreichen will.
     Der Philologe antwortet:
    Die Gemeinschaftsschule fährt eine Kuschelpädagogik mit angezogener Handbremse. In unserer Gesellschaft gibt es überall Wettbewerb: In der Musikschule, im Sport, bei der Bewerbung um ein Studium oder einem Arbeitsplatz – Konkurrenz ist Teil einer Leistungsgesellschaft. Den Kindern die traumtänzerische Vorstellung „alle sind gleich“ vorzumachen, ist falsch. Bei der Fußballweltmeisterschaft im vergangenen Jahr waren da 82 Millionen Deutsche einer anderen Meinung.
    Das hört sich gut an. Was will der Philologe den LeserInnen vermitteln?
    > Die Gemeinschaftschule fährt eine Kuschelpädagogik. - 82 Millionen Deutsche sind anderer Meinung.
    Eine überzeugende Argumentation? Vielleicht für Leichtgäubige und Unwissende.
    > Und der Philologe zeigt, dass er lieber seinen Vor-Urteilen und seiner Ein-Bildung vertraut (... alle machen Kuschelpädagogik, außer wir; wir allein verlangen Leistung ...) als die Augen aufzumachen und sich umzusehen und vorurteilsfrei und undogmatisch zu informieren.
    Zum Beispiel: ____________________________________________

    Schwäbisches Tagblatt 30. Juli 2015
    Der Schulversuch "ErKo" (= "Erweiterte Kooperation zwischen Hauptschule, Realschule und Gymnasium") in Tübingen begann vor 6 Jahren mit 108 SchülerInnen, d.h. er wurde noch unter der alten CDU/FDP-Regierung eingerichtet.

    Man kann diesen Schulversuch als Vorläufer der Gemeinschaftsschulen in BW ansehen, denn vieles wurde aus diesem Schul-Versuch nach dem Regierungswechsel zu grün-rot für das Konzept der Gemeinschaftsschulen (GMS) übernommen.

    ErKo ging aus einer Realschule hervor, 
    blieb im Kern eine Realschule, jedoch wurden in die vier fünften Klassen auch sog. (gemäß der Bildungsempfehlung der Grundschulen)  HauptschülerInnen und GymnasiastInnen aufgenommen. Versprochen wurde mehr individualisiertes Lernen als zuvor in der Realschule. - Jetzt, Sommer 2015, sind diese SchülerInnen in Kl.10 angekommen, auch wenn manche zwischendurch die Schule gewechselt haben, z.B. in Kl.8 auf ein berufliches Gymnasium oder auch auf eine "normale" Realschule. Die SchülerInnen der Klasse 10 ErKo haben kürzlich an den zentralen Realschul-Abschluss-Prüfungen des Landes teilgenommen, und - was auch die Lehrkräfte kaum erwartet hatten: Dieser Jahrgang hat so gut abgeschnitten wie kein Realschulabschluss-Jahrgang dieser Schule zuvor.

    Das Tagblatt schreibt:
    • Schüler lernen individuell: Erster "ErKo"-Jahrgang hat seinen Abschluss /
    • Zwei Drittel machen weiter bis zum Abitur
    • "Es waren recht entspannte Jahre", sagen Hanai  und Isabel. Die beiden sind Schülerinnen des ersten Jahrgangs, der die "Erweiterte Kooperation" (ErKo) an der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) komplett durchlaufen hat.
    Woran lag`s?
    Darüber werden sich die Lehrkräfte zusammen mit den Wissenschaftlern der Uni Tübingen, die den Versuch begleiten und den Kultusbehörden Gedanken machen.

    Vielleicht daran?
    Diese Gemeinschaftsschule fuhr eine Kuschelpädagogik.  ;-) 

    Was würde der römische spätantike  Philosoph Anicius Manlius Severinus Boethius (er lebte um 500 n.Chr.) zu Herrn Saurs Beitrag sagen?
    "Si tacuisses philosophus mansisses"
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